Videotext
Alles zum (veralteten) Standard für TV-Zusatzinfos
Jeder über 40 kennt ihn sicher noch, den "Videotext", auch Teletext oder Fernsehtext genannt. Eine der nützlichsten Applikationen, die es je beim Fernsehen gegeben hat, bevor das Internet seinen Siegeszug antrat.
Auch ohne Internet konnte man früher so per Tastendruck erfahren: Was ist heute in der Welt passiert? Wie hat mein Lieblings-Fußballteam gespielt? Sind meine Aktien wieder gestiegen? Ein Klick auf die Fernbedienung reichte, um die wichtigen Nachrichten aus der ganzen Welt zu erfahren. Doch spätestens seit der Jahrtausendwende haftet dem Teletext ein etwas antiquierter Charme vergangener Jahrzehnte ohne WWW an.
2010 schließlich begann HbbTV das "Erbe" als Zusatzinfodienst anzutreten, wenig später folgten Smart-TV´s. Dennoch lohnt retrospektive ein Blick auf den Videotext! Wie entstand er eigentlich, was macht ihn so besonders und wie sieht der Videotext der Zukunft aus? Lesen Sie hier mehr.
Screenshot: Videotext Übersicht ARD
Entstehung des Videotextes
Der Beginn des Videotextes reicht bis zurück in die siebziger Jahre. Damals wurde in den meisten Ländern Europas die analoge PAL-Fernsehtechnik verwendet. Bei PAL besteht das Bild aus 625 Zeilen, davon beinhalten allerdings nur 576 Zeilen Bildinformationen. Britische Wissenschaftler fanden heraus, dass in den Bildzeilen, in denen keine Bildinformationen enthalten sind (Austastlücken), andere digitale Informationen, wie z.B. Text, mit übertragen werden können. Diese werden dann vom Fernsehgerät ausgewertet und können zusätzlich zum Fernsehbild eingeblendet werden.
1975 war der Bayrische Rundfunk (BR) die erste deutsche Rundfunkanstalt, die eine Versuchsausstrahlung mit Videotext begann. Im Jahr 1977, auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin, wurde dann auch der Videotext von ARD und ZDF zum ersten Mal vorgestellt. Dieser war in Seiten organisiert, wobei jede Seite 25 Zeilen mit je 40 Zeichen anzeigen konnte.
Was kann/konnte der Videotext?
Mit einem Klick auf die Fernbedienung öffnet sich der Videotext und bietet etliche Zusatzinformationen als Text oder auch in (sehr einfacher) grafischer Form. Jede Sendeanstalt erstellt(e) ihren eigenen Videotext und entscheidet was auf den Seiten zu sehen ist. Seite 100 ist aber immer die Startseite. Alle anderen Seiten sind über die Angabe einer entsprechenden dreistelligen Zahl verfügbar.
Zu Beginn wurden hauptsächlich die neusten Nachrichten aus Politik, Sport und Wirtschaft angezeigt aber auch Börsenkurse, Sportergebnisse, Wetterberichte und allerhand weitere Informationen. Seit 1980 sind über den Videotext auch Untertitel abrufbar. Sogar die ersten elektronischen Programmzeitschriften wurden auf den Seiten 300-399 des Videotextes angezeigt und bildeten somit die Vorläufer des heutigen EPG (Electronic Program Guide).
Technische Verbesserung des analogen Videotextes
Auch technisch entwickelte sich der Videotext im Laufe der Zeit. So wurde 1989 das TOP-System ("Table of Pages") entwickelt. Dieses ermöglicht Zusatzinformationen zur Seitenstruktur, wodurch die Navigation durch Verwendung von vier farbigen Tasten auf der Fernbedienung erleichtert werden konnte. Eine weitere Verbesserung war der Videotext im 2.5-Level (Hi-Text). Dadurch wurden eine höhere Auflösung, mehr Farben und somit auch bessere "Grafiken" ermöglicht. Im Prinzip aber auch nur Klötzchen á la Atari.
Vor- und Nachteile des analogen Videotextes
Die Vorteile des Videotextes lagen für die damalige Zeit auf der Hand. Er machte Information in einer Offlinewelt schnell und einfach verfügbar. Ein Klick auf die Fernbedienung und die Wahl der entsprechenden Text-Seiten reichten aus und die Informationen, welche eine Redaktion jeden Tag erstellte, abzurufen. Dabei kann der Videotext auch gleichzeitig mit dem Fernsehbild angezeigt werden (Mixed Mode). Heute hat er eher noch nostalgischen oder Gewohnheitswert.
Es gibt allerdings nicht nur Vorteile. Eine Seite ist auf 25 Zeilen mit 40 Zeichen begrenzt. Dadurch wirken Text und Grafiken klötzchenartig. Außerdem dauert es manchmal etwas länger bis eine Seite aufgerufen wird. Das liegt daran, dass der komplette Videotext nur nach und nach in den Austastlücken der Fernsehbilder übertragen wird.
Vorteile des Videotextes im Überblick:
- macht Infos schnell und einfach verfügbar
- zahlreiche, immer aktuelle Nachrichten aus allen Bereichen
- rund um die Uhr abrufbar, zeitunabhängig
- kein Internet nötig
- kurz und präzise
- einfaches Aufrufen mit Knopfdruck
- simple Navigation durch vor- und zurückschalten der Videotextseiten
- Mixed Mode (Fernsehbild und Videotext gleichzeitig anzeigen)
Nachteile des Videotextes im Überblick:
- begrenzter Platz auf einer Seite
- Klötzchengrafik und -text
- manchmal langsames Aufrufen der Seiten (speziell bei eher
selten abgerufenen Seiten)
- heute eher veraltet und nicht mehr zeitgemäß
"Killerapplikation" Videotext
Der Videotext entwickelte sich in den Jahren immer weiter hin zu einer richtigen "Killerapplikation", die sich unter den Zuschauern an immens großer Beliebtheit erfreut. Trotz seiner einfachen etwas altmodisch wirkenden Grafiken, wurde der Videotext für die Zuschauer zu einer unverzichtbaren Zusatzanwendung. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, wurden auch immer mehr Inhalte geschaffen. Nahezu alle Rundfunkanstalten, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, boten ihren eigenen Videotext - meist noch bis heute!
Der Videotext zu digitalen Zeiten
Mit der Umstellung von der analogen zur digitalen Technik, konnte der Videotext nicht mehr in der Austastlücke übertragen werden, da es diese beim digitalen Fernsehen nicht mehr gibt. Doch deshalb musste niemand auf den Videotext verzichten. Dieser wird seither nur auf eine andere Art und Weise, nämlich als eigener Datenstrom neben den Video- und Audiodaten mit im Signal transportiert.
Wie gehts weiter mit Videotext?
Tatsächlich gibt es auch heute im Jahr 2024 den Service noch bei fast allen Sendern. Erstaunlicher Weise erfreut er sich sogar noch großer Beliebtheit. Viele Zahlen sind nicht bekannt, aber 2020 waren es immerhin noch 16 Mio. Nutzer, 2021 waren es 7 Millionen! Der Trend zeigt also nach unten, jedoch noch auf hohem Niveau.Noch sieht es auch nicht danach aus, dass der Dienst breitflächig abgeschaltet wird, auch wenn nicht mehr alle Sender mitmachen. So schaltete z.B. "Welt" Anfang 2023 den Videotext-Dienst ab. Auch QVC hat ihn eingestellt. Gut möglich also, dass uns Videotext-Dienste noch bis ca. 2030 erhalten bleiben.
Wie nutzt bzw. startet man den Videotext heute?
Die meisten neuen Fernbedienungen haben garkeine klassische Videotext-Taste mehr. Wenn dann war diese meist mit drei Querbalen, "TXT" oder "Info" markiert. In der Regel ist der Dienst heute bei HbbTV untergebracht, wie im folgenden Beispiel von der ARD. Das folgende Bild zeigt exemplarisch die HbbTV-Startseite. Links unten unter "Mediathek" finde sich drei Querbalken mit dem Wort "Teletext". Da gehts zum (modernen, digitalen) Videotext der ARD.
Beispiel-Foto: Teletext Zugang bei der ARD
Interessenten können den Videotext sogar teils ohne Fernseher nutzen. Zum Beispiel hier vom ZDF oder von 3sat per Browsern. Sofern Ihre Fernbedienung noch eine entsprechende Taste bereithält, geht es natürlich auch darüber.
Beispiel-Foto: Teletext-Startseite ARD
Nachfolger des Videotextes: HbbTV®
Das neuere "Hybrid Broadcast Broadband TV", kurz HbbTV, ist seit 14 Jahren am Markt. Man könnte salopp auch sagen "Videotext 2.0". Das Ziel war dabei: Den Videotext zu revolutionieren und durch ein zeitgemäßes Modell abzulösen.
Mittels HbbTV sind Inhalte über mehrere Übertragungswege (hybrid) empfangbar sein. Deshalb baut HbbTV auf vielen bereits existierenden Fernsehstandards wie DVB, aber auch Internet-Technologien wie HTML auf. So kann das Digital-Fernsehen mit Inhalten aus dem Internet kombiniert werden. Mit einem einfachen Knopfdruck auf die so genannte "Red Button"-Taste, lassen sich interaktive Seiten und Inhalte aller Art (Text, Video, Radio, Grafik) aufrufen.
Beispiel-Foto: ZDFInfo HbbTV Red Button Seite
Hinter HbbTV steht eine Initiative mehrerer europäischer Unternehmen aus den verschiedensten Bereichen. Dazu zählen unter anderem Astra, Eutelsat, das IRT (Institut für Rundfunktechnik), der führende französische Pay-TV Anbieter Canal+, LG, Sony, Phillips, Opera u.v.m. HbbTV wurde im Juli 2010 als Standard beim Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) verabschiedet.
Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin 2009, hatte die ARD erstmals erstmalig HbbTV-Anwendungen präsentiert. Heute verfügt fast jeder Haushalt über ein kompatibles Endgerät, also Receiver oder TV-Gerät.
» hbbtv.org
» www.daserste.de/25jahrevideotext/